Kastensystem

ITSA
26. Januar 2020, 09:30 MESZ aktualisiert am 26. Januar 2020, 09:30 MESZ

Stell dir vor du kommst in eine Welt, in der es schon vorbestimmt ist, welchen Beruf du ausüben darfst und welchen nicht. Und zudem sind deine potenziellen Zukunftspartner eingeschränkt auf eine bestimmte Gruppe, außerhalb dieser Gruppe darfst du niemanden heiraten. Vielleicht sogar nicht mal Freundschaften schließen. Die wichtigen Entscheidungen im Leben wurden also in gewisser Weise bereits getroffen, ohne dass du ein Mitspracherecht hattest – und das wirst du auch nie haben. Du kommst da nicht mehr raus, denn es ist nichts, das du einfach ablegen oder ändern kannst. Es bleibt für immer ein Teil von dir, ob du willst oder nicht. Das ist das Kastensystem.

Für die meisten klingt das Ganze wie in einer Dystopie, tatsächlich ist es aber in einigen Ländern einfach normal – vor allem auf Sri Lanka. Was aber kaum jemand weiß: auch die tamilische Diaspora außerhalb Sri Lankas ist davon betroffen. Selbst die meisten von uns hier in Deutschland aufgewachsenen Tamilen werden regelmäßig damit konfrontiert. 

Aber warum genau existiert dieses System? Wo ist der
Ursprung oder was ist der Grund dafür, dass es immer noch vorhanden ist?

Das ITSA- Team hat sich hierfür zusammengesetzt und verschiedene Literaturquellen durchgearbeitet. Anders als beim indischen
Kastensystem ist es sehr schwierig seriöse Quellen zu finden, die das Kastensystem auf Sri Lanka besprechen. Nachdem wir mit Hilfe endlich Zugang zu einigen Quellen hatten, wurde schnell deutlich, dass es fast unmöglich ist konkrete Angaben zur Herkunft und Struktur des Kastensystems zu machen. Tatsächlich gibt es verschiedenen Überlieferungen, die den Ursprung erklären. Auch die Rangfolge
der Kasten variiert von Quelle von zu Quelle. Wenn in der einen Quelle zum Beispiel eine Gruppe als höchste Kaste angesehen wurde, stand sie in der nächsten Quelle weiter unten in der Hierarchie. Das hängt damit zusammen, dass die Kaste mit dem Beruf der Leute einhergeht und die ist von Ort zu Ort mal höher und mal niedriger angesehen. Wenn man mitten auf dem Land wohnt, ist die Kaste der Landbesitzer weiter oben, als wenn man direkt am Meer wohnt, wo die Fischer-Kaste höher zugeordnet wird. Es gibt also keine eindeutige Rangfolge, es variiert von Ort zu Ort und von Übertragung zu Übertragung.

Gerade deswegen denken wir, dass es wichtig ist offen über
dieses Thema zu sprechen. Denn jeder von uns hat durch Freunde, Familie oder die Schule von diesem System erfahren und jeder von uns hat andere
Informationen dazu erhalten. Es ist also bereits schwer untereinander auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.  Wir selber haben bei unseren Treffen gemerkt, dass jeder von uns eine andere Überlieferung des Kastensystems erhalten hat. Es gab immer mal wieder Übereinstimmungen, aber bei vielen Dingen ging unser Wissen auch auseinander. Das merken die meisten Leute nicht, da das Kastensystem bei vielen ein Tabuthema ist. Man spricht einfach nicht darüber und lässt es nebenher existieren. Es beeinflusst aber unser Leben und wichtige Entscheidungen:

Es ist zum Beispiel so, dass der Großteil der tamilischen
Diaspora zwar strikt gegen das Kastensystem ist, wenn die eigenen Eltern aber bei der Heirat darauf bestehen auf die Kaste zu achten, wird dies respektiert. Das heißt aber doch, dass man sich trotzdem von dem System unterdrücken lässt oder nicht? Was denkt ihr? 

Wir wollten unser Event dafür nutzen, um das ganze Thema kritisch zu hinterfragen und Fragen  wie diese mit 5 Gastrednern zu besprechen.

Es ist ein sehr sensibles Thema, bei dem es schwer wird, allen gerecht zu werden und niemandem zu nahe zu treten. Das ist uns natürlich bewusst, aber ist es in dieser Situation nicht besser offen darüber zu sprechen, statt alles totzuschweigen?

Am 25. Januar 2020 leitete ITSA die zweite Podiumsdiskussionl im Rahmen dieser Kastensystem-Kampagne. Wir können gemeinsam auf einen erfreulichen und interessanten Tag zurückblicken.

An dieser Stelle möchten wir uns nochmal recht herzlich bei den Rednern und natürlich auch nochmal bei den zahlreichen Anwesenden bedanken. Wir hoffen, dass wir euch mit unserer Kampagne zum Nachdenken anregen konnten!

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